Insekten suchen ein Zuhause

Insekten suchen ein Zuhause

Steinhummel (flauschige Biene in Achwarz Rot-Orange) auf einer hell-violetten Blüte mit großen Blütenblättern. Im Hintergrund cyanfarbener Himmel.
Hummel auf Storchschnabel / Foto: kie-ker auf Pixabay

In Zeiten, in denen Grünflächenpflege nicht nachhaltig und somit naturnah geschieht, verlieren Tiere zunehmend ihre Lebensräume. Um dem entgegenzuwirken, können Insektennisthilfen und entsprechende Umgebungsbepflanzung aufgestellt werden. Doch nicht alle Produkte aus dem Handel eignen sich als Heim für Insekten. Gut gemeint heißt nicht immer gut gemacht.

Inspiriert von Steinhummeln, die im späten Mai auf meinem Balkon nach Öffnungen für einen Unterschlupf suchten, begann ich damit, nach sogenannten Steinhummelhotels zu recherchieren. Dabei fand ich viele Diskussionen über Insektenhotels und ihren tatsächlichen Nutzen. Heutzutage lässt sich in jedem Baumarkt, und häufig als Aktionsware in Supermärkten, ein sogenanntes Insektenhotel kaufen. Doch werden sie so gut wie nie den Bedürfnissen der Insekten gerecht, die dort einziehen sollen. Aus diesem Grund möchte ich ein paar Möglichkeiten aufzeigen, Nisthilfen und Futterplätze für unsere kleinen Freunde zu schaffen, und so zu ihrem Erhalt beitragen.

Inhalt:
Was brauchen Schmetterlinge?
Ein gutes Zuhause für flauschige Bienen
Hummelnest
Ansiedlung von Nützlingen
Freunde und Helfer in Grün
Ausblick

Was brauchen Schmetterlinge?

Zitronenfalter (gelb, mit jeweils einem kleinen schwarzen Punkt auf den Flügeln) hält sich seitlich an einer geöffneten Distelblüte fest. Es sind drei geschlossene Knospen zu sehen. Im verschwommenen Hintergrund sind die dornigen Stängel einer Distel zu sehen, sowie ein grüner Naturhintergrund.
Zitronenfalter auf Distel / Foto: analogicus, Pixabay

Schmetterlinge brauchen geeignete Nektarquellen und zudem Futterpflanzen für ihre Raupen. Zum Überwintern sind Insektenhotels nicht geeignet. Stattdessen benötigen Falter frostsichere Verstecke wie kühle, ungeheizte Keller oder Dachstühle. Manche Arten überwintern an der Futterpflanze ihrer Raupen. Ihre Puppen hängen den Winter über an Stauden oder an Gräsern, während die Raupen auf Stauden und auf dem Boden unter Blättern die kalte Jahreszeit überdauern.

Sicherlich erahnen Sie langsam, warum es heutzutage so wenige Schmetterlinge gibt – das übereifrige Niedermähen und Runterschneiden der Sträucher lässt den Insekten kaum eine Chance fortzubestehen, selbst wenn die benötigten Futterpflanzen grundsätzlich vorhanden sind. Zudem brauchen manche Schmetterlingsarten bis zu vier Jahre Zeit, um all ihre Stadien bis zu ihrer finalen Form zu durchlaufen.

Ein gutes Zuhause für Wildbienen

Ackerhummel sitzt an einer purpurnen Blüte des Roten Klees und ißt. Im Hintergrund ist noch eine weitere dieser Blüten zu erkennen, der restliche Hintergrund ist generisch verschwommenes Grün.
Ackerhummel auf Klee / Foto: Annette Meyer, Pixabay

Die Bedürfnisse von Wildbienen sind so unterschiedlich wie die Biene selbst. Darum ist es nicht so einfach, ein gutes und sicheres Zuhause für sie zu finden.
Nehmen wir als Beispiel die Steinhummel: In der freien Natur würde sie ein verlassenes Mäusenest suchen, um dort ein Nest anzulegen. Im Bestreben, ihr ein geeignetes Äquivalent zu bieten, muss ein gewisser Aufwand betrieben werden, da sonst Gefahr besteht, dass ihr Nachwuchs an der Wachsmotte vergeht.

Kurzanleitung zum Bau eines Hummelnestes
Der komplizierteste Aspekt an einem Hummelnest ist die richtige Konstruktion des Eingangs. Er benötigt eine Klappe, und die Hummelkönigin muss ein paar Tage lang darauf trainiert werden, diese auch anzunehmen und zu öffnen. Die genauen Details dazu können hier nachgelesen werden.
Ansonsten wird benötigt:
– eine ca. 30 x 30cm große Holzbox mit 4 feinvergitterten Lüftungslöchern und einem Eingangsloch mit Klappe
– ein kleinerer Pappkarton mit Nistmaterial aus Kapoka oder Naturhaar (keinesfalls Polsterwolle verwenden!) und einem Eingangsloch
– ein Schlauch oder eine Pappröhre zum Verbinden der Eingänge von Holzbox und Karton
– Dachpappe mit Abtropfkante, um Nässe abzuhalten
– optional: zusätzlicher Styrodurdeckel zur Wärmedämmung

Exemplarische Nisthilfe aus Sperrholz
mit Eingang und Lüftungslöchern.
Innenleben der Nisthilfe.
Hier mit zusätzlichem Styropor.
Beispiel Hummelklappe.
Eine gute Anleitung hierfür findet man hier.
"Insektenhotel" mit quergeschnittenen Holzstämmen (also gegen die Holzfaserrichtung). Risse sind im Holz zu sehen. Dazwischen sind markhaltige Äste zu sehen die horizontal (also nicht nutzbar) liegen.
Wie Holzhohlräume nicht aussehen sollten / Foto:
Manfred Richter, Pixabay

Für Mauer- und Scherenbienen, die naturgemäß Hohlräume besiedeln, bieten sich abgelagerte Harthölzer von Laubbäumen wie Robinie und Eiche an. Die benötigten Bohrgänge werden, mit ausreichend Abstand zueinander, ins Holz gebohrt. Das geschieht entlang der Wuchsrichtung, damit das Holz nicht splittert. Wichtig ist, dass die Eingänge glatt sind, damit sich die Insekten die Flügel nicht verletzen. Manche Arten, wie die Hahnenfuss-Scherenbiene, können alternativ in hohlen Pflanzenstängeln siedeln, was Schilfmatten mit einschließt.

Biene auf Brombeerblüte / Foto: Beverly Buckley, Pixabay

Viele Arten nisten auch in Steilwänden aus Sand- oder Lößsediment. Selbstgebaute Lösungen müssen deshalb stabil genug sein, nicht einzustürzen, aber weich genug, dass die Biene darin graben kann. Andere Arten wiederum verwenden zum Nisten ausschließlich einzelnstehende, abgebrochene, markhaltige Stängel und Zweige von Brombeere, Himbeere, Heckenrose, Königskerze (erst nach vier Jahren), oder Distel.
Hummeln, die nicht wie die Steinhummel in einem Mäusenest oder dem schicken, von Menschen gebauten, Hummelnest überwintern, überbrücken in Totholz oder Laub die kalte Zeit. Darum ist auch hier ein “aufgeräumter” Garten oder Balkon für die Tiere lebensfeindlich.

Ansiedlung von Nützlingen

Neben Schmetterling und Wildbiene existieren weitere, eher unscheinbare Insekten, die zum Erhalt unserer Pflanzenwelt beitragen. Zum einen sei die Florfliege genannt, deren Larven große Mengen an Blattläusen, Spinnmilben, Thripsen und manche Raupen fressen. Sie sind im Grunde auf allen Pflanzen zu finden, die von Schädlingen befallen sind. Zur Überwinterung benötigen sie im Idealfall einen Laubhaufen, notfalls kann ein Kasten mit Laub aufgestellt werden.
Blattläuse sind auch die Hauptnahrungsquelle des Marienkäfers und seiner Larven. Sie suchen im Herbst gerne unsere Häuser auf, aber besser sind sie in frostgeschützten Laubhaufen oder altem Holz aufgehoben. Geschützte Hohlräume helfen ihnen ebenfalls beim Überwintern.

Schwarz-orange Schlupfwespe, die an einer helllilanen Blüte sitzt.
Schlupfwespe / Foto: Melani Marfeld, Pixabay
Grüne Florfliege auf weisser verputzter Wand.
Florfliege / Foto: Frauke Feind, Pixabay
Marienkäferlarve auf einem BLatt.
Marienkäferlarve / Foto: Melani Marfeld, Pixabay

Wer mit Minierfliegen oder Wicklern Probleme hat, wird sie über die winzigen Schlupfwespen freuen. Während die adulten Tiere fast ausschließlich Nektar trinken, entwickeln sich ihre Larven im Nachwuchs der Schädlinge. Den Schlupfwespen dient Totholz als Unterschlupf. Aber auch lange Gräser werden zum Überwintern gerne genutzt.
Last but not least unterstützt uns der Laufkäfer im Gemüsegarten, indem er Schneckeneier, Kartoffelkäferlarven und Drahtwürmer frisst. Es mag Sie nicht überraschen, dass auch er Holz und Laubhaufen zum Überwintern nutzt. Eine aufgeräumte Grünfläche ist nun einmal eine tote Grünfläche.

Freunde und Helfer in Grün

Im Folgenden werde ich ein paar der wichtigsten Pflanzen vorstellen, mit denen Sie unsere kleinen Freunde unterstützen können. Allgemein ist es hilfreich, frühblühende Pflanzen auszubringen, um durch hohe Temperaturen frühaktive Insekten zu unterstützen. Geeignete Blumen sind Schneeglöckchen und Krokus. Wer weniger Bedenken wegen Wildsammlungen in der Türkei hat, kann als Frühblüher auch Strahlenanemone und Winterling pflanzen, sollte sich jedoch dessen bewusst sein, dass diese Entnahmen typischerweise nicht nachhaltig geschehen. Wem Artenschutz also wichtig ist, sollte lieber auf Zuchtpflanzen zurückgreifen.

Frühjahrswiese mit Schneeglöckchen und Krokus.
Frühblüher / Foto: raindancerin, Pixabay

Pflanzen für Schmetterlinge

Nahezu 100 Falterarten benötigen die Sal-Weide als Futterquelle und als Überwinterungsmöglichkeit für den Nachwuchs. Dieser hängt ab Herbst in Blättern eingewickelt in Kokons, oder versteckt im Laub unter Büschen und Sträuchern. Zudem ist die Sal-Weide eine der ersten blühenden Pflanzen im Jahr und versorgt so eine Vielzahl von Bienen und Faltern.
Arten wie der Schwalbenschwanz nutzen Doldengewächse, dazu gehören Möhre, Fenchel und Dill, während der Aurorafalter vor allem Kreuzblütler wie das Wiesenschaumkraut und die Knoblauchsrauke benötigt. Für sehr viele Arten ist der Spitzwegerich eine Kinderstube. Das Labkraut, zu dem der Waldmeister gehört, bietet den Raupen des Taubenschwänzchens eine Futterquelle.

Heuartige Sommerwiese bei der die Stängel schon am Boden liegen. Darauf wächst ein kleiner Hahnenfuss mit drei Blüten. Auf einer sitzt ein Schmetterling.
Falter auf Hahnenfuss / Foto: Dr. Georg Wietschorke, Pixabay
Steiniger grauer Boden, darauf ein Blau-Dunkelgrauer Großer Schillerfalter
Große Schillerfalter / Foto: Gernot, Pixabay
Teilansicht einer Wildpflanze mit purpunen Kelchblüten. Ein Aurorafalter besucht eine der Blüten.
Aurorafalter / Foto: Jürgen, Pixabay

Die erwachsenen Schmetterlinge benötigen nektarreiche Blüten, wie sie Rotklee, Luzerne und Labkraut tragen. Aber auch viele Zierpflanzen bieten hungrigen Faltern nahrhaften Nektar. Dazu zählen Fuchsien, Petunien, Phlox, Fetthenne, Herbsthenne, Lavendel, Prachtscharte, Steinkraut, Blaukissen, Thymian und Sommerflieder.

Eine schöne Übersicht der für Schmetterlinge geeigneten Pflanzen bietet diese Seite: FloraWeb

Futterpflanzen für Wildbienen

3 lilane Blüten, wie eine flache Schale oder Kelch, auf einer ist eine Biene zu sehen.
Biene an Glockenblumen / Foto: Helga Kattinger, Pixabay

Von Minze und Lavendel heißt es, dass sie durch ihren Duft allerlei unerwünschte Insekten fernhalten können. Gleichzeitig freuen sich Wildbienen sehr über ihren Nektar. Auch Ginster, Klee, Wicke und blühender Basilikum liefern große Mengen des Blütensaftes. Storchschnabel und Glockenblume sind dekorative mehrjährige Pflanzen, die ebenfalls ohne viel Aufwand eine gute Nektarquelle sein können. Wer Grüne Soße liebt und die Aussaat gut plant, hat mit dem Borretsch eine Pflanze, die von Mai bis November blühen kann.

Gelb blühende Pflanze, deren kleine Blüten dicht beieinander stehen. Auf den Blütenbündeln ist eine Biene zu sehen. Im Hintergund sind Bäume.
Mahonie mit Biene / Foto: monika1607, Pixabay

Der Salbei bietet von Mai bis August ein reichhaltiges Mahl an Nektar und Pollen. Mit der Schneeheide können Sie Frühstartern unter den Bienen eine gute Futterquelle bieten, während die Gewöhnliche Mahonie nach der Blüte mit ihren Beeren auch Vögeln eine gute Nahrungsquelle bietet. Ein toller Überblick über sogenannte Trachtpflanzen lässt sich auf der Seite Pollenhöschen finden – so kann sich eine jede Person ihre eigenen Pflanzen aussuchen.

Futter für Nützlinge

Florfliege und Marienkäfer lockt man nahezu sofort mit von Läusen und Raupen befallenen Pflanzen an. Gerade Radieschen, Kapuzinerkresse und Borretsch werden gerne von den Schädlingen besucht. Auch auf nektarreichen Neophyten – so werden nicht-einheimische Pflanzen genannt – wie dem Berufkraut gibt es häufig reichhaltig zu essen, und auch Wildbienenarten wie die Schmalbiene erfreuen sich an diesem ausdauernden Blüher. Für erwachsene Schlupfwespen bieten sich, wie bei manchen Faltern, Doldengewächse an – dekorativ sind hier unter anderem Schafgarbe und Engelswurz.

Ausblick

Wie Sie sicher gemerkt haben, ist es vorteilhaft, ein wenig “Unordnung” im Grünen zu halten. Und wenn Sie etwas für Bienen und Schmetterlinge tun, können Sie dabei gleichzeitig anderen Tierarten helfen. Igel benötigen Insekten als Futter. Sie überwintern unter Hecken und in Blättern und Reisighaufen, die auch von der Florfliege genutzt wird (fast wie ein Betthupferl, dieser potenzielle WG-Partner des Igels).
Und wenn schon nicht aus der Freude an der Natur, unterstützen Sie doch unsere kleinen Freunde aus schlichtem Eigennutz: Ohne Bestäuber sieht es schlecht aus mit unserem Essen und unseren Heilkräutern. Einige Arten können sich zwar selbst bestäuben, oder notfalls über den Wind, aber die Ernteerträge bleiben dadurch eher bescheiden.

Igel im Laub / Foto: Piotr Łaskawski, Unsplash

paw / September 2023

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