Nieder-Erlenbach: Der Geist des Reformators

Nieder-Erlenbach
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Der nördlichste Stadtteil Frankfurts hat nicht nur schöne Natur zu bieten, sondern auch eine spannende Entstehungsgeschichte rund um die Germanen und ihre Schlachten gegen die römische Besatzung. Spaziert man durch die Straßen von Nieder-Erlenbach erlebt man Spuren der Geschichte dieses einstigen Haufendorfes.

Die Anfänge – Schlacht der Kelten

Hermansdenkmal Statue
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Nieder-Erlenbachs Geschichte reicht weit zurück. Steinzeitliche Keramiken lassen sich bereits auf das Jahr 8000 v. Chr. zurückdatieren. Sie sind Zeugnisse der sogenannten Bandkeramik-Kultur, die das damalige Stadtgebiet besiedelt hatte. Ein paar tausend Jahre später, um das Jahr 500 v. Chr., haben sich die Kelten dort angesiedelt, wie ihre Grabstätten belegen. Im Jahre 11 n. Chr. drang schließlich der römische Feldherr Drusus in das Gebiet ein, was zu wiederholten Schlachten zwischen Römern, Kelten und Germanen führte. Die römische Besatzung etablierte sich nach dem Sieg gegen den germanischen Stamm der Chatten im gleichnamigen Chattenkrieg, den sie unter Kaiser Domitian in den Jahren 83–85 n. Chr. führte. Erst um das Jahr 260 n. Chr. beendete der Germane Arminius mit dem Sieg in der Varusschlacht die römische Herrschaft östlich des Rheins. 240 Jahre später, im Jahre 500 n. Chr., zogen die Franken in das Land um das heutige Nieder-Erlenbach ein, um dort unter römischer Verwaltung bis ins Frühmittelalter zu herrschen. Die tiefgreifenden Einflüsse all dieser Völker haben das Land so nachhaltig geprägt, dass bis heute Hessens erhaltene Altstraßen in keltische Straßen und Römerstraßen unterschieden werden.

Das Mittelalter – Im Schatten der Kirche

Dokumente historisch
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Die erste Erwähnung Nieder-Erlenbachs unter dem Namen Arlibach, nach dem gleichnamigen Fluss, findet man niedergeschrieben im Lorscher Codex, einer Zusammenstellung aller Besitztümer des Klosters Lorsch. Eine gewisse Frau Meginburc, über die wenig bekannt ist, schenkte ca. 774 n. Chr. ihre gesamten Besitztümer, zu dem auch die Ländereien im damaligen Arilbach gehörten, dem Kloster. Was bisher eine Ansammlung von Höfen und Ländereien war, fiel unter die Verwaltung der Kirche. Jedoch wechselten die Besitzverhältnisse noch mehrfach, bis schließlich im Jahre 1376 n. Chr. Nieder-Erlenbach durch Karl IV. an die freie Reichsstadt Frankfurt angebunden wurde.

Lutherweg und Charlottenburg – Relikte der Macht

Lutherweg Nieder-Erlenbach Martin Luther
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Eine berühmte Persönlichkeit, die ihre Spuren in Nieder-Erlenbach hinterließ, ist der Reformator Martin Luther, dessen Reise zum Hof von Kaiser Karl V. ihn durch das damalige Haufendorf führte. Das Stück des Weges, das er beschritt, wird heute Lutherweg genannt – ein langer Weg von Wittenberg bis zum Reichstag nach Worms, der auf der Informationstafel an der Evangelischen Kirche Nieder-Erlenbach nachzuverfolgen ist.
Eine weitere Sehenswürdigkeit ist das Lersner’sche Schloss, auch bekannt als Charlottenburg, das um 1840 von der adligen Familie von Lersner auf ihrem Hof als Wohntrakt erbaut wurde.

Das heutige Nieder-Erlenbach – Friede kehrt ein

Nieder-Erlenbach
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Tatsächlich wurde Nieder-Erlenbach 1866 in Folge der preußischen Okkupation aus dem Frankfurter Staatsverband ausgegliedert und fiel an das Großherzogtum Hessen-Darmstadt. Erst im Jahre 1972 wurde es wieder nach Frankfurt eingemeindet. Heute leben im nördlichsten Stadtteil Frankfurts auf einer Fläche von 837 Hektar rund 5000 Menschen. Davon sind fast ein Fünftel Kinder, die dort verschiedene Vereine und Bildungseinrichtungen wie Kitas, Kinderläden und die Anna-Schmidt-Schule besuchen können, umgeben von wunderschöner Natur. Auch werden regelmäßig Veranstaltungen für die ganze Familie geboten, wie etwa die Kerb, die seit 1537 jedes Jahr dort stattfindet, oder das Höfefest mit seinen kulinarischen, geschichtlichen und künstlerischen Attraktionen.

Ein kleiner Überblick zu Nieder-Erlenbach:

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Aktuell

Anfang April 2023 begann der Bau des neuen Rad- und Fußweges zwischen Nieder-Eschbach und Nieder-Erlenbach. Nach 40 Jahren der Anträge und des Wartens gab es grünes Licht für die Bauarbeiten. Dafür sind rund 15 Monate eingeplant. Die Freigabe ist für Anfang 2025 angedacht. Da der Baubereich sehr geschichtsträchtig ist, wird voraussichtlich mit Funden aus früheren Siedlungen und der damaligen Römischen Straße gerechnet. Es bleibt abzuwarten, wie sich dies auf das Bauvorhaben auswirken wird.

Nicht nur der Bau des Geh- und Radweges wird für Spannung sorgen, sondern auch mögliche archäologische Befunde auf dem Projektgebiet. Laut Stadt befinden sich Bodendenkmäler der Alten Römerstraße, der germanischen Siedlung im Bereich Karl-Bieber-Höhe und der neolithischen Siedlungen am Ortsrand Nieder-Erlenbachs.

„Wir rechnen damit, Überreste der früheren Siedlungen und der Römischen Straße zu finden“, so die Leiterin des Amt für Straßenbau und Erschließung (ASE), Michaela Kraft. „Die Bodendenkmäler werden vom Denkmalamt freigelegt und kartiert“, so Kraft weiter.

Jornal Frankfurt

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