Sindlingen – Dorf-Idylle im Westen Frankfurts

Sindlingen Bürgerhaus
Foto: GFFB

Vorbei am ehemaligen Werksgelände der Hoechst AG, heute Industriepark Höchst, fahren wir mit der S-Bahn-Linie S1 von Höchst in den Stadtteil Sindlingen, der vor der Stadtgrenze zu Hattersheim im Osten Frankfurts liegt. 

Halbkreis und Entenbrunnen

Am 1. April 1928 wurde Sindlingen als westlicher Stadtteil von Frankfurt am Main eingemeindet. Es wird vermutet, dass der Name Sindlingen auf eine alemannische Siedlung zurückgeht. Am S-Bahnhof Sindlingen angekommen, ist es nicht weit zur Ferdinand-Hofmann-Straße. Das Haus Sindlingen befindet sich direkt am S-Bahnhof in der Sindlinger Bahnstraße. Dort befindet sich auch das Kinder- und Jugendzentrum und die Stadtteilbibliothek, interessant für alle kleinen und großen Leseratten.

Sindlingen
Foto: Richard-Weidlich-Platz / GFFB

In unmittelbarer Nähe des Bürgerhauses kann man die Ferdinand-Hofmann-Siedlung besuchen. Sie besteht aus mehreren Häuserblocks aus verschiedenen Bauepochen.

Die Arbeiter*innenhäuser sind meist zweistöckig und im neoklassizistischen Stil gebaut. Wenn man auf die andere Seite hinübergeht, kommt man zum Richard-Weidlich-Platz. Der Platz bildet den Abschluss des nördlichen Teils von Sindlingen, er ist ein halber Kreisverkehr, in dem die ursprünglichen drei Straßen der Siedlung zusammenlaufen.

Sindlingen Entenbrunnen
Foto: Entenbrunnen / GFFB

Der Halbkreis wird durch die Sindlinger Bahnstraße geteilt. Sehenswert ist der Entenbrunnen von 1921, der sich in der angrenzenden Siedlung befindet. Diese Skulptur wurde um 1921 von dem Künstler August Gaut erschaffen.

Das Bürgerhaus und der Krimi in der Kirche

Der Grundstein für das Bürgerhaus wurde 1961 gelegt, es diente 1973/1974 als Verhandlungsort gegen RAF Terroristen. Danach befand sich dort das 18. Polizeirevier. Ab 1990 wurde es geschlossen. Seit 2006 dient es wieder als Begegnungsstätte für die Bewohner*innen. Es finden Veranstaltungen aller Art statt. Von Jazz über Rock bis Pop. Aber auch interkulturelle Veranstaltungen können besucht werden.

Foto: GFFB

Das Haus wurde von dem Frankfurter Architekten Günter Bock entworfen und ist als Kulturdenkmal der 60er Jahre geschützt. Es gibt auch eine Reihe von Geschäften mit einer Eisdiele und einer Fahrschule. In diesem netten kleinen Laden werden auch Brot, Brötchen und Kuchen verkauft.  Und an manchen Tagen auch frische Wurst.

Entlang der Sindlinger Bahnstraße und hinter dem Kreisverkehr kommen wir zum alten Stadtkern. Sehenswert ist die gesamte Innenstadt mit den verschiedenen Kulturlokalen entlang der Sindlinger Bahnstraße und der Ev. Kirchengemeinde Sindlingen aus dem Jahr 1907. So schön sie von außen aussieht, so schrecklich ist das, was sich an Heiligabend 1996 im Inneren ereignet hat. Eine psychisch kranke Frau sprengte sich während der Christmette in die Luft. Zwei weitere Kirchenbesucher*innen starben.

Foto: GFFB

Von der Sindlinger Bahnstraße kommt man in die Farbenstraße und von da aus in die Johann-Sittig-Straße. Dort befindet sich das St. Josefshaus, das einen Kindergarten beherbergt und daneben ist die Meisterschule, welche derzeit von außen restauriert wird. Diese Schule ist laut dem Jahreswappen im Jahr 1910 erbaut worden.

Das ländliche Sindlingen

Geht man zurück zu der Sindlinger Bahnhofstraße, kommt man rechts in die Huthmacherstraße, in der sich schöne alte Fachwerkhäuser aus der Zeit vor dem 1. Weltkrieg befinden.

Sindlingen Schumacher
Foto: Schumacherei Nikolaus Moos / GFFB

In der Huthmacherstraße liegt die Werkstatt des 73-jährigen Schuhmachermeisters Nikolaus Moos, der seit über 45 Jahren in Sindlingen lebt. Wir haben kurz mit ihm gesprochen und ihn gefragt, wie er das Arbeiten in Sindlingen findet. Er erzählt uns „das der Stadtteil durch die Bombenangriffe der Alliierten kaum zerstört wurde, so dass Sindlingen teilweise seinen ländlichen Charme bewahrt hat und eine angenehme Arbeitsatmosphäre bietet.” Dann fährt er fort: „Es ist schade, dass so alte Berufe wie der des Schuhmachers aussterben, nur weil die Menschen ihre Schuhe lieber in Billigläden kaufen und sie dann wegwerfen, wenn sie defekt sind, anstatt sie zur Reparatur zu geben.”

Sindlingen Seniorenwohnanlage
Foto: Altenwohnanlage Zehnthof / GFFB

Ein paar Meter weiter erreichen Sie die Zehnthofgasse. In ihr befindet sich die “Alten-Wohnanlage-Zehnthof” für Senioren*innen. Dort steht auch ein Pumpbrunnen aus dem 19. Jahrhundert. Gleich nebenan befindet sich die katholische Kirche. Sie gehört zur Pfarrei St. Dionysius. Zwischen der Wohnsiedlung und der Kirche befinden sich noch einige Gräber des alten Friedhofs.

Der Spaziergang und das Herrenhaus

Die Mainaue von Sindlingen lädt zu einem schönen Spaziergang ein. Entlang des Mains gibt es Sitzgelegenheiten und schöne Ausblicke. Bei sonnigem Wetter kann man hier lange das Licht und die Sonne aufsaugen. Dort unten am Mainufer hat man einen wunderbaren Blick auf die Werksbrücke West. Von dort aus kann man zu Fuß oder mit dem Fahrrad den Stadtteil Höchst erreichen.

Sindlingen, Villa Meister
Foto: Villa Meister / GFFB

Sehr sehenswert ist die Villa Meister und der dazugehörige Meisterpark, der leider zurzeit nicht besichtigt werden kann. Es gibt keine Nachfahr*innen, die diese schöne Villa erhalten können.

Durch einen Eingang in der Allesinastraße kann man den Meisterpark sehen. Dort gibt es eine Menge zu sehen. Viele Skulpturen und Blumenbeete schmücken den Park. Es gibt Ställe zu besichtigen und einen schönen Weg zum ehemaligen Phönixhaus. Das ist der Name des Hauses, in dem sich das spezialisierte Drogenrehabilitationszentrum befand. Das Rehabilitationszentrum kümmerte sich um die soziale Integration von ehemaligen Drogenabhängigen. Die Bewohner*innen der Rehabilitationsklinik betrieben kurzzeitig ein Café & Bistro in der anliegenden Orangerie. Dort wurden kein Alkohol und keine Drogen angeboten und es war damals täglich von 10:00 – 19:00 Uhr geöffnet.

Text: Rudolf Schindler
Fotos: Rudolf Schindler und rsi.

Schlagwörter: