Das Funkeln der Tiefsee

Das Funkeln der Tiefsee

Meeresleuchten
Foto: Trevor McKinnon, Unsplash

In den Tiefen der Weltmeere leben lichterzeugende Anglerfische, schillernde Kraken, Krebse und Korallen. Und selbst in flachen Gewässern können Organismen das Wasser in blauer Farbe erleuchten. Die Dauerausstellung Tiefsee und Meeresforschung im Senckenberg Museum zeigt die faszinierende Unterwasserwelt in all ihrer Pracht.

Leuchtende Korallen
Foto: David Clode, Unsplash

Die Welt der Tiefsee ist nicht nur dunkel und monoton, sie schillert und funkelt in den unterschiedlichsten Farben. Die Farbpalette reicht von blauen Tönen über Grün, Türkis, Violett bis zu Rot und Orange. Je tiefer es in die Unterwasserwelt geht, desto mehr Rot verliert sich, und nur noch Blautöne bleiben wahrnehmbar. Alle anderen langwelligen Farben werden von der Finsternis des Meeres absorbiert. Das Phänomen der leuchtenden Meeresbewohner wird Biolumineszenz genannt. In den tiefsten Regionen der Weltmeere besitzen rund 90 Prozent der Lebewesen die Fähigkeit zu leuchten. Dieses Talent haben sie zu ganz unterschiedlichen Zwecken erworben. Dazu gehört das Anlocken von Beutetieren, das Abschrecken von Fressfeinden und die Tarnung. Außerdem senden manche Organismen Lichtsignale aus, um potenzielle Partner auf sich aufmerksam zu machen.

Wie entsteht Biolumineszenz?

Chemische Formel
Foto: ColiN00B, Pixabay

Bei der Biolumineszenz werden zwei Formen unterschieden: die primäre und die sekundäre Biolumineszenz. Bei der primären Variante entsteht das Licht durch chemische Prozesse, die direkt im Körper des betreffenden Organismus ablaufen. Beispiele dafür sind das Glühwürmchen oder die Koralle Renilla reniformis. Im Gegensatz dazu entsteht bei der sekundären Biolumineszenz das Licht mithilfe von Mikroorganismen, die von Natur aus im Wirtstier leben oder von ihm aufgenommen wurden.

Das Leuchten entsteht dadurch, dass in speziellen Leuchtorganen der Tiere das Enzym Luciferase das Protein Luciferin in zwei Teile spaltet. Dadurch wird Energie in Form von Licht frei. In den Weltmeeren wird das Leuchten hauptsächlich durch symbiotische Bakterien erzeugt, sowohl durch das Plankton im Wasser, als auch durch symbiotische Einzeller in Wirtstieren. Wer mehr über Biolumineszenz erfahren möchte, kann auf der Website der Internationale Society of Bioluminescence and Chemiluminescence, die neuesten Forschungsergebnisse nachlesen. Zu diesem Thema wird alle zwei Jahre ein Kongress abgehalten.

Angeln in der Finsternis

Ab 300 Meter Tiefe findet man den wohl bekanntesten biolumineszierenden Fisch, den Tiefsee-Anglerfisch. Er lebt in allen Weltmeeren in bis zu 11.000 Meter Tiefe. Man vermutet jedoch, dass Tiefsee-Anglerfische sogar am Meeresgrund überleben können. Da diese Tiefen für Menschen äußerst unzugänglich sind, gibt es nur wenig Wissen über diese Fische.

Bisher sind elf Familien innerhalb der Ordnung der Tiefsee-Anglerfische bekannt. Dazu zählen etwa 160 Arten. Die Weibchen haben eine leuchtende Angel am Kopf, mit der sie Beutetiere anlocken. Ihre Größe variiert zwischen sechs und 120 Zentimetern, je nachdem zu welcher Familie sie gehören. Die Männchen erreichen nur fünf bis zehn Prozent dieser Größe. Im Paarungsverhalten ist ein Phänomen zu beobachten, das Forscher Sexualparasitismus nennen. Mindestens fünf der elf Familien praktizieren diese Art der Fortpflanzung: Der Kiefer des Männchens ist darauf ausgelegt, sich am Bauch des Weibchens festzubeißen. Dadurch bekommt es Nahrung vom Weibchen und liefert im Gegenzug dafür seine Samen. Die Verbindung besteht, je nach Art, entweder nur für die Dauer der Befruchtung oder ein Leben lang.

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Video: Stern, Youtube

Dauerhaftes Andocken führt schließlich dazu, dass sich der Kiefer des Männchens zurückbildet und eine Nabelschnur zwischen ihm und dem Weibchen entsteht. Fortan verliert das Männchen seine Individualität und lebt mit dem Weibchen verschmolzen als Samen-Spenderorgan weiter. Kurioserweise wurden Weibchen mit bis zu acht verschmolzenen Männchen gefunden.

Mikrokosmos im Meer

Das Naturereignis der blau leuchtenden Strände wird von sogenannten Dinoflagellaten verursacht. Das sind Algen, die zu der Familie des Phytoplanktons zählen und durch den Berührungsreiz der Meeresbewegung zum Aufleuchten gebracht werden. Beobachten kann man blau leuchtende Strände und Meere weltweit, wie z. B. auf den Malediven, in Indonesien und sogar an deutschen Stränden.

Leuchtendes Meer
Foto: Alvara Bejarano, Pixabay

    

Plankton, ist ein Begriff, der viele verschiedene Arten von Lebewesen zusammenfasst. Dazu gehören: Pflanzen, Bakterien und andere Einzeller. Der Begriff bedeutet soviel wie „Umherirrende“ oder „Schwebende“, weil diese winzigen Lebewesen nicht genug Masse oder Muskelkraft besitzen, um sich von selbst fortzubewegen. Sie können nur kurze Strecken innerhalb bewegter Wassermassen zurückzulegen. Die Einzeller werden überwiegend von den Wellenbewegungen hin und her geschaukelt und erhellen so ihre unmittelbare Umgebung, sodass sie nachts gut beobachtet werden können.

Schillernd bis unsichtbar

Ein Vertreter des Leuchtplanktons ist der Ruderfußkrebs der Gattung Sapphirina. Der winzige Krebs ist nur 0,2 bis 2 Millimeter groß und in allen Weltmeeren beheimatet. Das Lichtspektakel, dass er vollbringen kann, verdankt er kleinen Kristallplättchen im Inneren seiner Epidermiszellen. Diese können Licht aufnehmen und zurückstrahlen, sie blitzen blau auf und sind im nächsten Moment unsichtbar. Nur die Männchen des Krebses senden diese Lichtblitze aus, um Weibchen auf sich aufmerksam zu machen. Die Weibchen sitzen als Parasiten in den hohlen, tonnenförmigen und gelatinösen Körpern von Manteltieren, die Salpen genannt werden. Der Ruderfußkrebs lebt küstennah und kann deshalb gelegentlich beobachtet werden. Die japanischen Fischer haben einen sehr poetischen Namen für die kleinen Leuchtkrebse: „tama-mizu“, Juwelen-Wasser.

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Video: American Chemical Society, Youtube

Tintenfisch mit Tarnkappe

Dieser kleine Tintenfisch der Gattung Euprymna Scolopes, auch Hawaiian Bobtail Squid genannt, lebt an den Küsten Hawaiis und hat eine faszinierende Fähigkeit entwickelt. Er kann sich mittels symbiotischer Bakterien tarnen. Das nur 33 bis 35 mm große Tier lebt in flachen Küstengewässern von zwei bis vier Zentimetern Tiefe. Aber es wurden schon ausgewachsene Exemplare mit Schleppnetzen in bis zu 250 Meter Tiefe gefangen. Für gewöhnlich verbringt er aber den Tag schlafend im Sand eingegraben, sodass nur seine Augen herausschauen. Nachts dagegen geht er auf Jagd – vor allem auf Garnelen und Kleinkrebse.

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Video: Deep Marine Scenes, YouTube

Die Bakterien, die er zur Tarnung nutzt, hat er nicht von Geburt an. Sie werden von der Meeresumgebung entnommen und durch ein Flimmerepithel an sein Leuchtorgan geleitet. Von dort aus werden die Leuchtbakterien über die gesamte Haut des Zwergtintenfisches verteilt. Wenn er nachts jagen geht, emittiert er durch diese Bakterien Licht, die im Mondlicht ein Gegenlicht erzeugen, das ihn für seine Feinde unsichtbar macht. Der kleine Tintenfisch kann durch Sinneszellen in seiner Haut sogar erkennen, welche von den aufgenommenen Bakterien ihre Aufgabe erfüllen. Diejenigen, die nicht lumineszieren, befördert er wieder zurück ins Meer. Der genaue Mechanismus dahinter ist allerdings noch nicht genau erforscht.

Bobtail Squid Fun Fact

Erde aus dem Weltall
Foto: NASA, Unsplash

Die Symbiose des Einzellers V. fischeri mit dem Bobtail Squid ähnelt der Beziehung zwischen dem Menschen und seinen Darmbakterien. Bei Astronauten, die längere Zeit in Schwerelosigkeit verbringen, kann diese Symbiose gestört sein. Um Erkenntnisse über symbiotische Verhältnisse zu gewinnen, wurden im Jahr 2021 128 Stummelschwanzsepien, wie der Bobtail Squid auch genannt wird, an Bord der Weltraumstation ISS gebracht. Durch ihre lumineszente Sichtbarkeit sind die V. fischeri-Bakterien des Tintenfisches sehr gut zu studieren und können deshalb dabei helfen, die Wirkung der veränderten physikalischen Umstände auf das menschliche Mikrobiom besser zu verstehen.

Ausstellung im Senckenberg Museum

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Video: SenckenbergWorld, YouTube

Wer sich eingehender mit dem maritimen Thema befassen möchte, kann im Senckenberg Museum die Dauerausstellung Tiefsee und Meeresforschung besuchen. Die Tiefen der Weltmeere werden mithilfe autonomer Fahrzeuge und Roboter erforscht. In der Ausstellung hat man die Möglichkeit, in einem virtuellen Tauchgang einen echten Tiefsee-Roboter zu steuern. Zudem werden Geräte zum Erkunden und Sammeln von Organismen vorgestellt. Ebenfalls werden die Erkenntnisse der Meeresforschung sowie der Einfluss des Menschen auf das Ökosystem der Weltmeere thematisiert.

Wann:
Dauerausstellung
Montag: geschlossen
Dienstag: 13:00-17:00 Uhr
Mittwoch: 10:00-18:00 Uhr
Donnerstag: 13:00-17:00 Uhr
Freitag: 10:00-17:00 Uhr
Samstag: 10:00-17:00 Uhr
Sonntag: 10:00-17:00 Uhr

Wo:
Senckenberg Naturkundemuseum
Senckenberganlage 25
60325 Frankfurt
Tel.: 069-75420
E-Mail: info@senckenberg.de

Kosten:
Erwachsene ab 18 Jahre – 12€
Ermäßigt mit Frankfurt Pass – 6€
Kinder mit Frankfurt Pass – 3€
Kinder, Jugendliche und Studenten – 6€
Erwachsene mit Kulturpass – 1€
Kinder mit Kulturpass – 0,50€
Mit Schwerbehindertenausweis 50 GdB – 6€

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