Zeilsheim “die letzte deutsche Kolonie”
Zeilsheim liegt, wie Sindlingen, im Westen Frankfurts vor den Ortschaften Kriftel und Hofheim. Zeilsheim ist vom Frankfurter Hauptbahnhof aus mit der S-Bahn S2 in Richtung Niedernhausen (Kriftel / Hofheim) zu erreichen.
Obwohl sich der Bahnhof Zeilsheim an der Stadtgrenze zu Sindlingen befindet, erreichen wir Zeilsheim über die West-Höchster Straße. Dort angekommen, wenden wir uns nach Norden in Richtung Pfaffenwiese, wo wir die Kolonie Zeilsheim erreichen. Die Kolonie wurde ab 1899 von den damaligen Farbwerken Hoechst (heute Industriepark Höchst) in Auftrag gegeben und sollte den Mitarbeiter*innen preiswerten Wohnraum in unmittelbarer Nähe des Werksgeländes bieten. Der Wohnraum wurde dabei im Jugendstil gehalten. Heute stehen die wunderschönen Häuser unter Denkmalschutz. Die Wohnsiedlung wurde in zwei Phasen zwischen 1900 und 1925 erbaut. Sie befindet sich zwischen den Straßen Pfaffenwiese im Norden und Alt-Zeilsheim/West-Höchster Straße im Süden. Wenn einem der Satz gesagt wird “Das ist wahrscheinlich die letzte deutsche Kolonie”, bringt das fast jeden, der dies hört, zum Erstaunen.


Die ebenfalls 1901 von den Farbwerken errichtete Käthe-Kollwitz-Schule versorgte die Kolonie mit Wasser aus einem Tiefbrunnen, der mit einem Wasserreservoir verbunden war. Am Eingang der Schule ragt ein Uhrtürmchen (Glockenturm mit Schuluhr) empor, das mich eher an eine Kirche erinnert als an eine Schule.





An der in den Jahren 1818/1819 erbauten katholischen, klassizistischen St. Bartholomäus-Kirche vorbei, findet man sich im dörflichen Zeilsheim.
Hier säumen Fachwerkhäuser die Dorfstraße und wenn sie dann von der Straße „Alt Zeilsheim“ Richtung der Straße Pfaffenwiese einbiegen, findet man das Heimatmuseum. Zwischen dem Museum und der kleinen Michaelskapelle von 1736, stehen einige der alten Grenzsteine. Einer der Steine hat die Inschrift Golfesheim (das ist der alte Ortsname von Zeilsheim).




Wenn Sie dem Straßenverlauf folgen, erreichen Sie über die Seitenstraße Bechtenwaldstraße die Stadthalle Zeilsheim. Hinter der Stadthalle, im heutigen Park, befand sich ein Auffanglager, das von der US-Armee nach dem Zweiten Weltkrieg eingerichtet wurde. In diesem Lager, das zwischen 1945 und 1948 bestand, waren sogenannte Displaced Persons untergebracht – von den Nazis deportierte Zwangsarbeiter und bis zu 5.000 jüdische KZ-Häftlinge. Die meisten von ihnen stammten aus Polen und warteten hier auf ihre Repatriierung oder Auswanderung. Heute erinnert eine Gedenktafel an das Lager.


Entlang der Pfaffenwiese gelangt man zu der „Märchensiedlung”, die zwischen 1954 und 1974 als Werkssiedlung der Hoechst AG errichtet wurde und ihren Namen den Märchenmotiven an den Hausfassaden verdankt.
Mit Blick in die malerische alte Kastanienallee, die nach Frankfurt-Höchst führt, einzigartig in Frankfurt und Teil der Pfaffenwiese, gingen wir zur Haltestelle der Linie M55 und Linie 53. Die Alte-Kolonie zeigte sich noch einmal in der prallen Nachmittagssonne, bevor wir den S-Bahnhof Zeilsheim erreichten.
Text: Rudolf Schindler
Fotos: Rudolf Schindler und rsi
September 2021