Smartphones: Achtung Suchtgefahr!

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Viele ahnen nicht, dass sie bereits süchtig sind und verbringen mehrerer Stunden am Tag mit ihrem Smartphone. Schuld sind die meist kostenlosen Apps, wie Instagram, Facebook oder auch Spiele. Vor allem Kinder und Jugendliche sind sehr gefährdet.

Kennen Sie das? Ihr Handy vibriert und obwohl Sie nur kurz nachschauen wollen, werden Sie von einer App nach der anderen gefesselt. Unbemerkt vergeht die Zeit, bis Sie merken, dass Sie wieder mal durch die Apps abgelenkt worden sind. Was haben Sie eigentlich gemacht? Das Problem ist nicht nur, dass die Werbung nervig ist, sondern es kommen Tricks zum Einsatz, die im ungünstigsten Fall sogar süchtig machen können. Und noch schlimmer ist, sie wirken alle im ersten Moment so harmlos. Einer dieser Tricks ist der sogenannte „Infinite Scroll“, der bei Instagram, YouTube, Facebook, Twitter und Pinterest verwendet wird. Man kann ewig scrollen, die Inhalte scheinen niemals zu enden. Und ähnlich wie bei einem Spielautomaten können viele Menschen nicht mehr damit aufhören. Während man im Spielcasino irgendwann kein Geld mehr in der Tasche hat, ist die Nutzung des Smartphones fast grenzenlos.

„Es ist, als ob sie Verhaltens-Kokain über ihre Interfaces streuen – und die Nutzer kommen deshalb immer wieder zurück zu ihnen […]. Social Media Konzerne machen ihre Nutzer bewusst abhängig.“

Aza Raskin, der Erfinder des Infinite Scroll beim Interview gegenüber der BBC

Inzwischen bereut er seine Erfindung und hat dies der BBC gegenüber mitgeteilt (wmn.).

Auch die Methode „Pull-to-Refresh“ gehört zur Grundausstattung vieler Apps. Es wurde 2008 vom Software-Entwickler Loren Brichter bei Twitter eingeführt und hat sehr schnell seinen Weg in andere Apps gefunden. Die Technik wurde von Twitter patentiert, ist aber zur Nutzung für die Allgemeinheit freigegeben. In der Praxis funktioniert dies folgendermaßen: Zieht man eine Liste nach unten, wird sie endlos aktualisiert. Fortlaufend bekommt man entweder eine neue Nachricht oder einen interessanten Artikel. Hauptsache, man bleibt dran.

Glücksgefühle per Klick

Nicht nur die Methoden „Infinite Scroll“ und „Pull to Refresh“, sondern auch „Likes“ bei Facebook und bei Instagram wirken sich auf das Belohnungszentrum des Gehirns aus. Der Facebook Mitgründer Sean Parker sagte 2017 auf einer Veranstaltung in Philadelphia des Medienkonzerns Axios, dass Facebook genau wusste, dass es ein suchterzeugendes Produkt vermarke und eine Schwachstelle der menschlichen Psychologie ausnutze. Als Beispiel nannte er den Like-Button, der jedes Mal ein bisschen Dopamin freisetze und damit die Nutzer*innen zum Posten anstachele. Es handele sich dabei um eine „Feedback-Schleife der sozialen Bestätigung“. Und natürlich werden die Benachrichtigungen auch grundsätzlich in Rot angezeigt – einer Signalfarbe. Auf die Frage, ob das Unternehmen bewusst auf Dopamin ausschüttende Mechanismen setzt, reagiert Facebook mit dem Satz: „Wir möchten sicherstellen, dass unsere Plattformen positiv zum Leben der Menschen beitragen“ (heise.de). Außerdem sollen in einigen Ländern die Gesamtzahl der Likes unter Fotos und Videos auf Instagram testweise verborgen werden. Eine andere App namens Snapchat geht einen Schritt weiter, Snapchat bewertet Beziehungen, im Rahmen der sogenannten „Snapstreak“ Technik: Schickt man sich mit jemanden drei Tage in Folge sogenannte Snaps hin und her, wird der Kontakt mit einer Flamme in der Kontaktliste illustriert. Daneben steht die Anzahl der Tage. Schon nach einem Tag ohne Snap erlischt die Flamme, die Beziehung ist erkaltet. Gerade junge Menschen dürften sich von solchen Bewertungen beeinflussen lassen, so heise.de. In Deutschland sind 72 Prozent der Snapchat-Nutzer*innen unter 25 Jahre alt.

Reaktionen um der Suchtgefahr entgegenzuwirken

Manche Länder haben darauf reagiert und die Nutzung internetfähiger Geräte wie Smartphones, Smartwatches, Tablets oder Laptops in den Schulen eingeschränkt. Das französische Parlament entschied 2018 ein Verbot der Nutzung von internetfähigen Endgeräten in den Schulen. Damit wurde ein Wahlversprechen von Präsident Macron umgesetzt. Die Handynutzung während des Unterrichts ist in Frankreich schon seit 2010 nicht mehr erlaubt. Die neue Regelung gilt in allen Räumlichkeiten auch außerhalb des Schulgebäudes, nur in Ausnahmefällen dürfen Handys weiterhin genutzt werden. Das Verbot gilt für Schüler*innen bis 15 Jahren an Vorschulen, Grundschulen und weiterführenden Schulen. Gymnasien sind davon ausgenommen. In Deutschland führte bis jetzt nur ein Bundesland (Bayern) ein Handyverbot an Schulen ein.

In Familien kann der Gebrauch von Smartphones durch strenge Vorgaben, wann und wie lange ein Smartphone oder Laptop verwendet werden darf, eingeschränkt werden. Interessant ist, dass sich in einem Interview gegenüber der New York Times der inzwischen verstorbene Apple-Gründer Steve Jobs dazu bekannte, dass er seinen Kindern vorgab, wann und wie lange sie Smartphone und Laptop verwenden dürfen (MacLife). Auch ein Verbot, dass Smartphones nicht auf dem Esstisch liegen dürfen, kann helfen, um Pausen in der Smartphone-Nutzung einzubauen. Auch Bill Gates ist sich des Suchtpotenzials bewusst und wandte diese Nutzungsregel in der eigenen Familie an. Er ging sogar noch einen Schritt weiter: Seine drei Kinder bekamen erst mit 14 Jahren ein eigenes Handy.

Der Ausweg

Fazit: Viele Smartphone-Nutzer*innen haben es verlernt, sich Pausen zu schaffen. Sinnvoll ist es deshalb, für die Handy-Nutzung feste Zeiten einzuplanen und sich selbst Grenzen zu setzen.