
Das Museum Giersch der Goethe Universität stellt den Frankfurter Künstler Ernst Weil und seine Arbeiten aus der deutschen Nachkriegszeit vor. Ein Blick auf seine Werke, der längst fällig ist.

Erstmals wird das Schaffen des Frankfurter Künstlers Ernst Weil (1919–1981) in seiner Heimatstadt umfassend in einer Ausstellung vorgestellt. In der spätklassizistischen Villa des Museums Giersch der Goethe-Universität (MGGU), welches direkt am Main-Ufer thront, wurden die passenden Räumlichkeiten dafür gefunden. Wie das MGGU besonders betont, zeigt es vor allem Künstler, die aus der Region stammen, hier verwurzelt sind, aber bisher weitgehend unbekannt blieben. Bis Ende August nun sind in dem imposanten Ausstellungshaus rund 120 Arbeiten, darunter Malereien, Zeichnungen und Druckgraphiken des Künstlers zu besichtigen. „Der Titel der Ausstellung ‚Spontan und konstruktiv‘ bezieht sich auf zwei Merkmale von Weils Arbeiten, die zwischen spontaner Geste und sorgfältiger Konstruktion des Bildraums changieren. Gleichzeitig zeigen Weils Arbeiten eigentlich immer einen Rückbezug auf die klassischen Bildformen wie Landschaften, Stillleben oder menschliche Figur“, wird die Kuratorin der Ausstellung, Laura Domes, in einer Mitteilung zitiert.
Keine Nachteile durch Verzögerung
Der Präsident der Goethe-Universität, Enrico Schleiff, ergänzt: „Die Ausstellung zu Ernst Weil, der einen engen Bezug zur Stadt Frankfurt hat, ist ein weiteres Beispiel dafür, wie eine wissenschaftliche Begleitung eine Ausstellung bereichert und wie diese wiederum zu einem Beitrag der Wissenschaft und auch der Wissenschaftskommunikation unserer Goethe-Universität wird“, heißt es auf der hauseigenen Homepage. Ernst Weils Werke hätten schon vor zwei Jahren an den Wänden des MGGU hängen sollen. So war seine Bildersammlung schon im Frankfurter Depot gelagert. Dann allerdings sorgten die Corona-Pandemie und die technische Sanierung des Museums für eine Verschiebung der Planungen. Nicht zum Nachteil: „Durch die zusätzliche Zeit ergab sich die Möglichkeit für eine Erweiterung des Ausstellungkonzepts. So widmet sich die Schau Weils Verbindung zur ‚Frankfurter Sezession‘. Darüber hinaus wurden nun graphische und angewandte Arbeiten in das kuratorische Konzept miteinbezogen, wodurch die Ausstellung die Vielseitigkeit des Künstlers betont“, berichtet die Goethe Universität Frankfurt weiter.
Enger Bezug zu Frankfurt
Rückblick: Im Jahr 2000 wurde das Museum mit Wasserblick durch die von dem Frankfurter Unternehmer Prof. Carlo Giersch und seiner Gattin Karin ins Leben gerufene namensgleiche Stiftung eröffnet, bis es 21 Jahre später für 30 Jahre an die Frankfurter Goethe-Universität überging. Seitdem tritt es unter dem Namen Museum Giersch der Goethe-Universität auf. Mit der Umgebung kann sich Enrico Schleiff durchaus anfreunden: „Die Ausstellungen des MGGU bereichern seit Jahren das breite Forschungsspektrum der Goethe-Universität. Die Ausstellung zu Ernst Weil, der einen engen Bezug zur Stadt Frankfurt hat, ist ein weiteres Beispiel dafür, wie eine wissenschaftliche Begleitung eine Ausstellung bereichert und wie diese wiederum zu einem Beitrag der Wissenschaft und auch der Wissenschaftskommunikation unserer Goethe-Universität wird.“








Von 1957 bis 1965 lebte Weil in Frankreich, wo er sich in seinen Zeichnungen und seiner Malerei auf die menschliche Figur konzentrierte. Immer wieder war er in dieser Zeit mit seinen Arbeiten bei den Ausstellungen der Künstler*innengruppierung „Frankfurter Sezession“ präsent. „1965 kehrte der Künstler nach Deutschland zurück, um in Nürnberg eine Professur für Freie Malerei an der Akademie der Bildenden Künste anzutreten. In dieser Zeit beschäftigte er sich mit der Entwicklung einer eigenen Farbtheorie. In seinen späten Landschaftsdarstellungen und figurativen Bildern betonte er das Gestische und Rhythmische, wobei die Farbe weiterhin eine wichtige Stellung einnahm. Seine Kompositionen verlieren trotz hohem Abstraktionsgrad nie den Bezug zur wahrnehmbaren Umwelt“, heißt es in einer MGGU-Mitteilung weiter.
Zu konservativ und zu brav
Für hr2-Kritikerin Stefanie Blumenbecker sind die Arbeiten Weils, der 1981 im Alter von nur 62 Jahren nach einem zweiten Herzinfarkt starb, noch viel zu ordentlich, am Ende zu konservativ, zu brav: „Man merkt, dass er viele Aufträge im Bereich angewandte Kunst angenommen hat, er illustrierte Kurzgeschichten, Zeitungen und Bücher, machte Werbegrafik und Wanddekorationen. Dabei kreist er um sich selbst.“ (DE/2023)
Ernst Weils Biographie:
1919
Ernst Christian Weil wird am 18. November in der Markgrafenstraße 17 in Frankfurt
am Main geboren.
1938–1943
Nach dem Abitur Einberufung zum Reichsarbeitsdienst, anschließend zum Wehr-
dienst. Teilnahme am Frankreich- und Russland-Feldzug. Einsemestriges Studium
der Kunstgeschichte 1940/41 in Frankfurt am Main sowie der Architektur 1942/43 in
Stuttgart.
1943–1945
Weil erkrankt an Lungentuberkulose, Scharlach und Diphterie. Lazarettaufenthalt.
Heirat der Bildhauerin Annemarie Adam. Geburt des Sohnes Thomas 1944. Nach
Kriegsende arbeitet Ernst Weil als Bauleiter bei der Bahn in Frankfurt am Main.
1946–1950
Malereistudium an der Akademie der Bildenden Künste München bei Hans Gött und
Willi Geiger. Trennung von Annemarie Adam. Studienabschluss als Meisterschüler.
Heirat der Malerin Marie-Luise Heller.
1951–1956
Umfangreiche Tätigkeit als Graphiker, Designer und Filmemacher. „Kubistisch-tekto-
nische“ Landschaftsbilder. Ausstellungen in München im Kunstverein und in den Ga-
lerien von Günter Franke sowie Etta und Otto Stangl. Außerdem in der Kestnerge-
sellschaft in Hannover und der Düsseldorfer Galerie von Hella Nebelung. Erste posi-
tive Rezensionen. Reisen unter anderem nach Italien, Frankreich und Belgien.
1954
Mitglied der Frankfurter Sezession. Regelmäßige Teilnahme an den Jahresausstel-
lungen bis zur Auflösung 1965.
1957–1959
Übersiedlung nach Paris mit finanzieller Unterstützung seiner Familie und durch Pri-
vatsammler. Atelier im Quartier Montparnasse in einer als Boxhalle genutzten Bara-
cke. Künstlerische Neuorientierung. „Boxer-Zeichnungen“. Erste Retrospektive in
Schloss Morsbroich.
1960–1964
Krankheit und mehrere Wohnungswechsel in Frankreich. Neben der Malerei Tätigkeit
als Buchillustrator. Ausstellungen in der Galerie Mona Lisa in Paris und der Galerie
Etta und Otto Stangl in München. Trennung von Marie-Luise Heller.
1965
Ruf an die Akademie der Bildenden Künste Nürnberg als Professor für Freie Malerei.
1966–1968
Herzinfarkt. Begegnung mit dem Physiologen und Farbforscher Rupprecht Matthaei.
Auseinandersetzung mit Farbtheorien. Arbeit an einer eigenen, nicht abgeschlosse-
nen Farblehre. „Zahlenbilder“.
1969–1973
Nervlicher Zusammenbruch. Heirat mit Christine Bauer. Anfertigung von Farblithogra-
phien und Vorlagen für Wandteppiche.
1974–1981
Erneuter Nervenzusammenbruch. Trennung von Christine Bauer. Zweiter Herzin-
farkt. Ernst Weil stirbt am 1. September 1981 auf Gran Canaria nach einem dritten
Herzinfarkt. Bis zuletzt künstlerisch tätig.
Quelle: MGGU
Kontakt:
Museum Giersch der Goethe-Universität (MGGU)
Schaumainkai 83
60596 Frankfurt am Main
Tel: 069 1382101-0
E-Mail: info@mggu.de
Öffnungszeiten:
Di, Mi, Fr, Sa und So von 10:00 –18:00 Uhr
Do von 10:00 – 20:00 Uhr
Kosten:
7 € (2,50 € Frankfurt-Card, 1 € Kulturpass)